Bordbuch-Eintrag: Ankunft in Idre 5.6..2015, Kilometerstand 844, 11. Reisetag. Wetter 16 Grad, Sonnenschein, windstill.
Den besten Tag bislang mit windstillem und mildem sonnigem Wetter nutzen wir für eine Wanderung im Fulufjället Nationalpark, dicht an der norwegischen Grenze. Hier beginnen die kahlen Hochebenen der Berglandschaft. Ein Abstecher von etwa 25 km bringt uns auf etwa 750 Meter Höhe an den Eingang des Nationalparks. Von dort geht es zu Fuß weiter. Ein gut ausgebauter Wanderweg, der auch für nicht bergerprobte untrainierte Menschen wie uns nicht anstrengend ist, führt zu Schwedens höchstem Wasserfall, dem Njupeskärs vattenfall auf etwa 900 Meter Höhe.
In diesen Breiten ist das schon knapp oberhalb der Baumgrenze. Schon an unserem Platz am Hedarfjorden, ca. 420 Meter hoch gelegen, haben die wenigen Laubbäume erst einige grüne Knospen, mit jedem Kilometer unserer Reise nach Norden wurde das Grün weniger. Noch weiter nördlich gibt es dann gar keine Laubbäume mehr. Dafür wird es nachts nicht mehr dunkel, auch wenn es bis zum Polarkreis wo die Mitternachtssonne sichtbar wird noch 500 km sind.
Die Wanderung zum Wasserfall ist bei solchem Wetter mit guter Sicht ein lohnendes Erlebnis, die Aussichten und Landschaften wechseln mit jedem Meter, langweilig wird es nicht. Fazit: der bislang schönste Tag dieser Reise.
Was uns noch auffällt: Im Vergleich zu vielen anderen Ländern kostet der Nationalpark keinen Eintritt, obwohl viel in Wegausbau und schöne Rastplätze investiert wurde. Weder im Besucherzentrum noch entlang der Wege wird man mit Verbotschildern und Hinweisen der Art „Tu dies nicht, tu das nicht“ (Insider-Witz für G. aus K.: „Tunesien“) überhäuft. Das ist mal wieder Stoff zum Nachdenken: Die Haltung von Regierung zum Volk ist in Skandinavien eine andere als in den meisten westlichen Ländern: Der Mensch soll nicht von der Natur ferngehalten und entfremdet werden, sondern er soll ermutigt werden, die Natur zu erleben. Gleichzeitig wird er als mündiger Bürger behandelt, das Selbstdenken wird ihm nicht durch ständige Reglementierung abgewöhnt. Es scheint zu funktionieren, denn es liegt z.B. weniger Müll in der Landschaft herum als bei uns (von Ländern wie Kasachstan, Usbekistan möchte ich da gar nicht mehr reden). Auch in Vergleichen von Lebensstandard, Gleichberechtigung, Bildung usw. liegen die skandinavischen Länder regelmäßig vorne. Der deutsche Weg scheint also nicht unbedingt zielführend zu sein.