Bordbuch-Eintrag: Ankunft in Moskau 11.10.2012, Kilometerstand 16511, 155. Reisetag. Kilometer bis nach Hause: noch etwa 1300 plus 770 km Fähre Klaipeda – Kiel. Wetter 11 Grad, mal sonnig, mal bedeckt.
Die nächste Fahr- Etappe bringt uns recht unspektakulär in vier Tagen auf der M7 von Kazan nach Moskau. Sie ist wie Reisen überall in Europa, wenn man direkt von A nach B kommen will. Auch der Fahrstil, insbesondere der der LKW- Fahrer, gleicht schon dem mimosenhaft-erzieherisch-aggressiven Stil auf mitteleuropäischen Autobahnen: Der LKW- Fahrer, der selbst vom Straßenrand aus anfahren möchte, fährt man einfach los, ohne sich um den von hinten kommenden Verkehr zu kümmern. Aber wehe, jemand anders fädelt mal so ein, dass er von 85 auf 82 runterbremsen muss. Das wird mit Hupkonzert und Abdrängeln beim Wiedereinscheren bestraft. In Kasachstan z.B. ist zwar jeder gefahren wie Sau, aber beleidigt war dort niemand, wenn er deswegen mal bremsen oder ausweichen musste (mit Ausnahme der SUV- Fahrer in Almaty). Dann war der andere eben schneller, aber der Mensch und sein Stolz definieren sich dort irgendwie anders, und trotz der Härten des Lebens scheinen die Menschen weiter östlich weniger Komplexe zu haben als wir Europäer…
Am Tag der Abreise aus Kazan scheint noch die Sonne bei angenehmen 16 Grad, doch wie schon auf der vorigen Etappe brechen wir am nächsten Morgen wieder in heftigem Regen auf. An irgendwelche Zwischenaufenthalte in der Natur ist bei diesem Wetter nicht zu denken. Auch die Wahl der Übernachtungsplätze folgt einem neuen Prinzip: Es geht nicht mehr um den schönsten Ausblick oder darum, einen Platz direkt am See oder Fluss zu finden. Das einzige was zählt, ist fester Boden unter den Rädern. Den gibt es um diese Jahreszeit eigentlich nur direkt am Straßen- oder Wegesrand. Um nicht direkt an der lauten Autobahn stehen zu müssen, fahren wir abends immer in die kleineren Seitenstraßen, die zu den umliegenden Dörfern führen. Von dort zweigen oft noch kleine befestigte Waldwege (keine verschlammten Ackerwege) zu einzelnen Siedlungen ab. Dort findet sich immer ein stilles Plätzchen, an dem abends dann höchstens noch einmal 2-3 Autos vorbeifahren.
Um 19 Uhr wird es dann auch schon dunkel, die Abende verbringen wir wegen Wetter und Dunkelheit nun komplett drinnen. Wieder einmal freuen wir uns über den für ein Wohnmobil recht großzügig angelegten “Salon” (wie Thomas und Verena es genannt haben) unseres Gran Hermano, in dem man sich frei bewegen kann, ohne den anderen zu stören.
Trotzdem buchen wir für Moskau wieder ein Hotel, diesmal im Voraus über Internet, um uns die Suche vor Ort zu ersparen. Ich wüßte auch nicht, wo ich in Moskau Holz für den Ofen sammeln sollte… Unsere Einkäufe in der Vorstadt tätigen wir nicht in einem Supermarkt, sondern in einem Hypermarkt. Der Name stimmt, denn von den größten Supermärkten, in denen ich bislang gewesen bin, würden etwa drei Stück hineinpassen, die größte Stadt Europas kündigt sich an. Die Fahrt durch Moskau bis zum Hotel ist noch einmal eine echte Herausforderung. Trotz vier bis fünf Fahrspuren pro Richtung beträgt die Durchschnittsgeschwindigkeit auf den letzen dreißig Kilometern gerade mal neun Stundenkilometer, alles ist hoffnungslos verstopft. In der straßenlosen Mongolei kommt man normalerweise auf die doppelte Durchschnittsgeschwindigkeit.
Als erster Bericht seit langem ist dieser ohne Fotos. Uns ist einfach nichts über den Weg gelaufen, was wir hätten fotografieren wollen. Nur der ganz normale Wahnsinn…