Midnattsol ist das norwegische Wort für Mitternachtssonne. Wie man sieht, ist geschriebenes Norwegisch fast selbsterklärend. Gesprochen trotzdem größtenteils ohne Kenntnisse unverständlich.
Um die Mittenachtssonne sehen zu können, reicht es nicht, zur richtigen Jahreszeit nördlich des Polarkreises zu sein. Als erstes braucht man gutes Wetter, denn Wolken und Regen sind nicht selten. Als zweites braucht man freie Sicht nach Norden. Die Sonne steht nur ein paar Grad über dem Horizont, selbst in der Ebene kann sie schnell durch Wald verdeckt sein. Man suche sich also einen Aussichtspunkt am Meer oder auf einem Berg mit freier Sicht nach Norden und warte auf gutes Wetter.
Unser Tag an dem alle Bedingungen erfüllt sind ist der 19.6. in Ramberg auf den Lofoten. Wir stehen am Meer auf der richtigen Inselseite mit freiem Blick nach Norden. Die exakte Mitternachtszeit nach Ortszeit haben wir mit 1:07 Uhr MESZ (Mitteleuropäische Sommerzeit) berechnet. Das geht so: Wegen der Sommerzeit 24 Uhr plus eine Stunde, das wäre dann 1 Uhr. Das wiederum stimmt aber nur für den 15. Längengrad, denn nur dort stimmt die Mitteleuropäische Zeit mit dem Sonnenstand überein. Ramberg liegt auf 13,26 Grad. Für jedes Grad westlich des 15. Längengrades muss man 4 Minuten hinzufügen, macht 7 Minuten.
Und da die Sonne am 19.6. quasi 24 Stunden geschienen hat, zeigt sich dann auch die Mitternachtssonne. Sie steht etwas über dem Horizont, wird aber nicht zur glutroten Scheibe sondern bleibt gleißend hell, es ist sehr klare Luft. Das ganze sieht aus wie ein bevorstehender Sonnenuntergang, doch der kommt nicht. Stattdessen ist die Landschaft 1-2 Stunden in ein mildes leuchtendes Abendlicht gehüllt, welches uns mehr fasziniert als die Sonne selber. Die Schatten sind extrem lang, die Berge leuchten und diese Stimmung zieht sich über Stunden. Schon eine Viertelstunde nach dem berechneten Mitternachtszeitpunkt ist deutlich erkennbar, dass die Sonne wieder steigt. Noch vor dem Sonnenuntergang ist also der Sonnenaufgang – oder so ähnlich.