Bordbuch-Eintrag: Ankunft Krakau 15.5.2012, Kilometerstand 1064, 6. Reisetag. Wetter: 21 Grad, die Sonne brennt.
Die ersten 1000 km liegen hinter uns, wir sind in Krakau im südöstlichen Polen. Den Aufenthalt in Kratzeburg hatten wir noch um einen Tag verlängert, doch irgendwann muss es ja weiter gehen. Kratzeburg war für uns auch das Ende der bekannten Welt – der Welt, in der Freunde wohnen, wo man Menschen kennt und wo man auch die Nebenstraßen kennt und keine Landkarte braucht. Also noch mal ein kleiner Abschied. Wir nehmen uns vor, recht zügig nach Krakau zu fahren, also praktisch Polen von Nordwest nach Südost ziemlich schnell zu durchqueren. Nun wollen wir erstmal das Gefühl haben, ein Stück weit weg von zu Hause zu sein. Dazu gehört irgendwie auch, die EU mit ihren Vorschriften, Regelungen und ihrer Bürokratie zu verlassen, denn wir wollen in ein Land, in dem wir noch nie vorher waren, wo die Schriftzeichen anders sind und wo alles irgendwie fremder ist als in Polen.
Von Kratzeburg nach Krakau sind es etwas über 700 km. Die sollen uns auch dazu dienen, Routine im Fahr- Alltag zu bekommen, denn die Fahr- Tage haben ihren eigenen Rhythmus und ihren eigenen Charme (wenn man sie mag).
Geschätzt hatten wir zwei Tage Fahrt – mit einem Fahrzeug, das fast 90 läuft, sollten 350 km am Tag locker möglich sein. Doch es sind drei Tage draus geworden. Der Schnitt auf polnischen Landstraßen lag bei 35 bis 40 km. Autobahnen mögen wir nicht, das war also auch keine Alternative. Nach 7-8 Stunden Tages- Fahrtzeit wird Sylvia trotz Pausen normalerweise nörgelig und es gibt Zeckereien um belanglose Dinge. Also Zeit, den Fahrtag dann langsam zu beenden. Mit der Zeit werde ich diesen Zustand sicher vorher erkennen und rechtzeitig einen Platz für die Nacht suchen.
So fahren wir eben drei statt zwei Tage auf Landstraßen quer durch Polen und lernen dabei Fahrzeug, Ausrüstung und auch das neue Leben in unserem Gran Hermano kennen. Alles ist noch neu für uns. Im Wohnbereich finden wir nicht immer alle Sachen, die wir in den letzten Tagen und Wochen hineingepackt haben. Während der Fahrt gewöhnen wir uns an die Fahreigenschaften und das Gehoppel und Gejuckel über polnische Landstraßen. Nach der Grenze sehen wir schnell, wie sich permanent neu ausgebaute Straßen und alte Abschnitte mit Schlaglöchern abwechseln. Langsame Ortsdurchfahrten gibt es viele, dazu ständig Baustellen, denn das Land holt gewaltig auf. Doch so lerne ich den Gran Hermano gut kennen. Der Magirus Mercur hat ein weiches Fahrgestell, sodass er schaukelt, wackelt und ein- und ausfedert, aber er bleibt immer gutmütig und das Fahren beginnt mir zu gefallen. Die polnischen Landstraßen entsprechen wohl in etwa den Straßen in Deutschland, als dieses Auto gebaut wurde, ich fühle mich wie ein historischer Trucker aus den 60er Jahren.
Abends gegen 18 Uhr stechen wir von der Landstraße in den Wald hinein und finden an beiden Abenden schnell einen Platz zum Bleiben. Es fehlt uns an nichts, der Kühlschrank ist voller Essen und Bier, das nach der anstrengenden Fahrt immer doppelt so gut schmeckt. Frühaufsteher sind wir nicht, erst nach Kaffee im Bett und einem anständigen Frühstück geht es dann gegen 9 oder 10 Uhr am nächsten Tag weiter. Am zweiten Morgen klopft es an der Tür, weil wir auf einem Privatgrundstück stehen, doch der Ton ist freundlich, wir sind eben schon nicht mehr in Deutschland. Nach einem kurzen Plausch gibt der Waldbesitzer uns die Hand und wir fahren irgendwann weiter.
Das liegt jetzt schon hinter uns, nun können wir uns zwei Tage das alte Krakau ansehen, eine wirklich schöne und sehenswerte Stadt. Nach der dreitägigen Fahrt- Etappe haben wir uns einen Stadt- Urlaub verdient. Wir stehen auf einem Campingplatz 4 km vom Stadtzentrum entfernt, nach knapp einer Woche ist auch Duschen statt Waschen aus der Schüssel mal wieder angesagt. Abends können wir dann probieren, was uns an Gerichten einfällt, die Speisekammer ist randvoll. Dazu gibt es noch frische Sachen vom Markt. Die Kreation des ersten Tages nenne ich Borschtsch Chicken Curry. Am zweiten Abend gibt es Spargel mit Parmaschinken.