Bordbuch-Eintrag: Ankunft in Nordsjöna 11.6.2015, Kilometerstand 1816, 17. Reisetag. Wetter 10 Grad, Regenschauer.
Nach unserem Aufenthalt um Särna und Idre legen wir einen kleinen Zwischenspurt ein, der uns ca. 500 km weiter nach Norden katapultiert. Den Schlenker nach West-Norwegen zu den bestimmt sehenswerten Fjorden des Südens lassen wir weg, die Wettervorhersage für diese Region ist derzeit zu schlecht. Scheinbar hat der Norden derzeit das bessere Wetter, zwar nicht warm, aber weniger regnerisch.
Anstatt auf kleinen kurvigen Nebenstraßen, teilweise mit Asphalt, teilweise mit Schotterstraßen, fahren wir zwei Tage auf der E45, dem Inlandsvägen. Dies ist eine der wichtigsten Nord-Süd Verbindungen Schwedens, dort kommen wir merklich schneller voran. Dafür können wir uns dann später im Norden Skandinaviens noch mehr Zeit lassen. Diese Hauptstraße darf man sich nicht stressig vorstellen, auch hier kommt nur ab und zu mal ein Auto entgegen oder es überholt mal eins. Durch die geringe Verkehrsdichte in Kombination mit guten Straßen und schöner abwechslungsreicher Landschaft genießen wir jeden Kilometer der Fahrt im Gran Hermano. Bei Dorotea erreichen wir den schwedischen Teil Lapplands, wir sind im Norden angekommen.
Wir fahren wieder von der E45 ab und befinden uns kurz danach wieder auf Schotterstraßen im Nirgendwo, eine Querverbindung zur E12 nach Norwegen. Auf den Wegweisern dieser Pisten stehen nicht selten Entfernungsangaben von über 100 km, es wird beständig kälter. Mitten in der Einöde stehen immer wieder Wegweiser zu Fundstellen aus der Steinzeit mitten im Wald (die man ohne Schild allerdings glatt übersehen würde), Angelplätzen und sonstigen interessanten Orten. Auch Lappland ist trotz seiner dünnern Besiedlung touristisch gut erschlossen. Was wir uns aber einfacher vorgestellt haben ist, einen schönen Stellplatz für die Nacht zu finden. Eigentlich hatten wir erwartet, dass es in dünn besiedelten Norden immer einfacher wird. Da aber neben der Straße fast immer Sümpfe und Moore oder wegen des bergigen Geländes Abhänge und Felswände sind, gibt es wenig Lücken, die zum Verweilen geeignet sind. Diejenigen die wir gefunden haben, waren uns für einen längeren Aufenthalt nicht schön genug.
Und so stehen wir früher als geplant vor der Querverbindung nach Norwegen. Bedingt durch die Höhe von etwa 500 Metern kommen wir nun vom frühen Frühjahr mit Bäumen, die noch nicht grün sind, in die winterliche Schneeschmelze. Hier ist bei 3 Grad und matschigem Boden auch nicht mehr an Verweilen zu denken, also fahren wir gleich über die Grenze weiter nach Norwegen. Einen Grenzposten gibt es nicht, nur ein Schild zeigt, dass wir uns nun in einem anderen Land befinden. Norwegen ist zwar nicht in der EU, hat aber das Schengen-Abkommen zur Abschaffung der Grenzkontrollen unterzeichnet. In Norwegen steigt die Straße bis auf 650 Meter weiter an. Auf den zugefrorenen Seen brechen langsam die Eisschollen auf, hier hat der Winter für uns seinen Höhepunkt erreicht. Beim Abstieg geht es dann wieder zurück in den Frühling. Norwegen ist das Land der Felsen und Wasserfälle, das sieht man schon auf den ersten Kilometern.
Nach einer Übernachtung in den Bergen bei eisigen 4 Grad Außentemperatur erreichen wir dann bei Trofors die E6, die Nord-Süd Achse des Landes. Dort trifft uns der Kulturschock: Schon voll an die einsamen schwedischen Straßen gewöhnt müssen wir uns jetzt wieder an Verkehr gewöhnen. Es fahren sogar mehrere Autos hintereinander und es wird überholt. Jedes vierte Fahrzeug ist ein Wohnmobil. Norwegen ist scheinbar DAS Wohnmobil-Reiseziel, viele von ihnen jagen auf dieser Strecke in 3-4 Wochen zum Nordkap und zurück. Die Landschaft bleibt grandios, bei Mosjöen verlassen wir die E6 wieder. Wir sind hoch begeistert von der Unterstützung der Mitarbeiter im Elektromarkt von Mosjöen beim Erwerb einer Sim-Karte für Norwegen. Aus dem Fenster haben sie unseren Gran Hermano gesehen und sind von den Socken. Es ist nicht so einfach, eine Karte mit genügend Datenvolumen zu bekommen, die Auswahl für Ausländer ist beschränkt, die Tarife nicht eindeutig. Sie telefonieren für uns, sie kommen mit in den Nachbarshop der die richtige SIM Karte hat, dann aktivieren sie sie für uns. Das ganze dauert etwa eine Stunde, sie hätten sich wenn nötig auch den ganzen Tag dafür genommen. Zwischendurch fachsimpeln wir über Magirus, Wohnmobile und ähnliche Themen.
Ab hier geht es für uns auf der engen und kurvenreichen Küstenstraße 17 weiter. Dies ist eine der schönsten Straße des Landes. Auch sie führt nach Norden, macht aber einen Bogen um jeden Fjord herum, immer an der Küste entlang. Zahlreiche Tunnels führen durch Bergmassive, einige von ihnen sind über 10 Kilometer lang. Das wäre in Deutschland bereits ein Jahrhundertprojekt (das dann wahrscheinlich nicht einmal fertig gestellt werden würde), hier ist es ein gewöhnlicher Tunnel auf einer der zahlreichen Nebenstrecken. Auch Unterbrechungen durch Fähren gibt es immer wieder. Abends erreichen wir dann die Küste und sichern uns einen provisorischen Platz für die Nacht. Um diese Landschaft richtig erleben zu können, müssen wir unser Tempo wieder drosseln.