Bordbuch-Eintrag: Ankunft in Almaty 23.7.2012, Kilometerstand 8902, 74. Reisetag. Wetter 32 Grad, die Sonne brennt.
Unser Weg nach Almaty führt uns zurück nach Kasachstan. Vor der Grenze schlafen wir noch einmal “kuschelig” in Usbekistan. Die Strecke führt durch die bewässerten Felder des Syrdarya. An solchen Strecken reiht sich ein Dorf an das nächste, jeder winzige Flecken ist bewohnt und wird genutzt. Für Wohnmobilisten auf Stellplatzsuche ist das anstrengend, es bleibt meist nur ein Flecken Gras neben einem Landwirtschaftsweg. Kuschelig ist das deswegen, weil ständig etwas los ist: Trecker, Radfahrer, Fußgänger ziehen wenige Meter an der Tür vorbei. Manche bleiben stehen, legen die rechte Hand aufs Herz und grüßen, manche gehen einfach vorbei. Am nächsten Morgen sind wir inmitten einer kleinen Kuhherde mit ihren Hütern. Jedes Tier wird einzeln festgemacht und alle 50-60 Minuten “umgeploppt”, d.h. woanders festgemacht. So wird jeder grüne Fleck am Feld- und Wegesrand genutzt. Wenn die Mittagshitze beginnt, kommen die Tiere dann in den Schatten der Obstbäume.
In Samarkand hatten wir schon den Zusammenhang erkannt, dass die Magen-Darm Probleme immer dann auftraten, wenn wir in den Städten, die wir besucht hatten, nicht selbst gekocht hatten, sondern essen gegangen waren. Nun liegen diese Städte und die fettige monotone (sogar noch für ihre Gerichte berühmte) Restaurant- Küche Usbekistans (Schaschlik, Plov, Lagman, das war’s) hinter uns. Das selbst gekochte Essen hat bis jetzt noch in jedem Land besser geschmeckt, als die Restaurant-Küche (das geht uns aber auch in Deutschland so), aber hier geht es uns davon auch gesundheitlich besser. Wir schwören uns, nur noch im Auto zu schlafen und selbst zu kochen.
Nach der einigermaßen stresslosen Grenze muss dann im ersten kasachischen Städtchen wieder mal der Auspuff geschweißt werden. Immer wieder reißt er neben den Nähten der letzten Reparatur. Aber etwas anderes als immer wieder reparieren geht hier auch nicht. Wieder auf der Straße geraten wir in einen heftigen Staubsturm. Der Himmel verfärbt sich gelb-braun-grau, die Sichtweite sinkt, jedoch nicht so stark, dass man anhalten müßte. Eine Stunde später ist das Schauspiel vorüber. Zwei Tage nach der Auspuff- Reparatur reißt der Keilriemen des Luftpressers. Ersatz habe ich zum Glück dabei, sodass ich im Schatten eines Baumes den Schaden schnell reparieren kann.
In Shymkent, der ersten Großstadt nach unserem Grenzübertritt, bemerken wir dann mit Erstaunen, wie glücklich wir über einige völlig normale Annehmlichkeiten der Zivilisation sind, die wir hier vorfinden. Schleichend wurden wir in der Steppe West- Kasachstans und in Usbekistan von diesen Dingen entwöhnt, und nun gibt es sie plötzlich wieder, konzentriert auf einem einzigen Quadratkilometer, ohne dass man groß suchen muss:
Es gibt Geldautomaten, die eine übersichtliche Anzahl von Scheinen ausspucken. Man kann sie in wenigen Sekunden zählen und sie passen in ein Portemonnaie. Erst jetzt wird uns klar, das es technisch auch schwierig wäre, Geldautomaten für Usbekistan herzustellen. Sie müßten ein riesiges Depot und eine große Schublade für “Bitte entnehmen Sie Ihr Geld” haben.
Es gibt Einkaufszentren und Supermärkte. All die Kleinigkeiten, die man so braucht, muss man sich nicht mühsam in mehreren kärglich bestückten Lädchen, die alle das gleiche Sortiment haben, zusammensuchen. Auch das ist wie bei uns: Obst & Gemüse kauft man besser auf dem Markt. Es ist dort frischer und billiger.
Es gibt viele schmackhafte Dinge, die wir nach einger Zeit vermisst hatten: Schafskäse, dunkles Brot, Wurst die sogar schmeckt, Weißwein und Rotwein mit der Bezeichnung “trocken”. Einige Festessen sind also für die nächsten Tage eingeplant.
Für uns als Reisende wichtig: Es gibt wieder Dosenbier. Das Bier aus Pet-Flaschen hing uns schon zum Hals raus, es schmeckt immer irgendwie schal. Flaschen scheiden aus, weil das bei den Straßen hier zu Glasbruch und Sauerei führt. Ein weiterer Vorteil ist, dass man die Dosen zertrampeln kann und damit der Mülleimer nicht gleich voll ist.
Noch ein Stück Normalität kehrt ein, als wir nach Wochen absolut ebener Steppe wieder in die Berge kommen. Wir finden einen Stellplatz auf 1200 Metern Höhe, an dem es schattenspendende Bäume gibt (!). Nachts ist es mit 18 Grad im Auto so kalt, dass man sich mit der Bettdecke zudecken muss. Für uns ist das sensationell, ein fast schon vergessenes Erlebnis.
Völlig begeistert sind wir dann von den letzten 200 km nach Almaty. Die Straße ist so gut, dass man dauerhaft ohne Unterbrechungen 75 fahren kann. Das gab es das letzte Mal vor einem Monat.