Bordbuch-Eintrag: Ankunft In Äppelbo 2.8.2015, Kilometerstand 6614, 69. Reisetag. Wetter 19 Grad, Sonne mit Wolken.
Am Tag der Überfahrt von Vaasa nach Umea bricht auch unser dritter Reisemonat an, langsam nähern wir uns wieder dem Ausgangspunkt der Reise. In diese letzten Wochen wollen wir Schweden genau wie auf dem Hinweg langsam und größtenteils auf Nebenstrecken durchfahren. Als erstes Ziel nach dem Fährhafen Umea steuern wir die Högaküsten (deutsch: Hohe Küste) an, sie liegt ca. 150 km südlich von Umea. Die Küste ist dort relativ hügelig, es gibt viele kleine Binnenseen, Buchten und bis zu 300 Meter hohe „Berge“. Die Straßen und Ortschaften sind sehr klein, eigentlich idyllisch, aber um diese Jahreszeit (Hochsaison) leider überfüllt. Als erstes fahren wir einen Nationalpark an, dort kann man normalerweise zu Fuß die Gegend erkunden. Ein heftiger 24 Stunden-Dauerregen zwingt uns aber zu einem Tag im Auto. In den zwei Stunden nach unserer Ankunft sehen wir direkt neben uns Wanderwege und den Wald regelrecht absaufen, ein bei Ankunft noch harmloser Bach will die Brücke neben uns wegreißen, bahnt sich immer neue Wege quer durch den Wald, einen Moment lang denken wir schon daran, den Gran Hermano umzustellen. Doch am Abend fällt der Pegel wieder leicht, der Regen wird langsamer. Wir stellen uns am nächsten Tag für zwei Tage auf einen Campingplatz in der Nähe, auch die Sonne meldet sich wieder zurück. Der Platz liegt in einer hübschen Bucht, hat auch nur 10 Stellplätze, sodass wir richtig ausspannen können, zumindest so lange bis uns der Campingplatz- Rummel um uns herum auf die Nerven geht. Wir kommen langsam wieder zurück nach Mitteleuropa, das typische Campingplatz-Getüddel mit allen seinen Ritualen sind wir inzwischen nicht mehr gewohnt.
Auch die Hauptstraße an der Küste, die E4, erinnert uns eher an eine deutsche Autobahn als an eine schwedische Landstraße. Die einzige Schlussfolgerung, die wir daraus ziehen können: Wir müssen von der Küste weg ins Landesinnere. Kaum sind wir einige Kilometer auf Nebenstrecken landeinwärts gefahren, erkennen wir „unser“ Schweden wieder, die Straßen werden schlagartig leer und die Schlagzahl entgegenkommender Autos pendelt sich wieder auf 5-10 pro Stunde ein. Auch die für uns schönsten Übernachtungsplätze allein in der Wildnis sind wieder da, kein Treiben und Gewese ist mehr um uns herum. So arbeiten wir uns langsam Richtung Süden voran, nach einigen Fahr-Tagen wird es allmählich wieder Zeit für einen längeren Aufenthalt an einem See und ein paar Tage Chillen und Relaxen. Wie so oft, wenn man sich so etwas vornimmt, kommt einfach nicht der geeignete Platz. Am Wasser muss es schon sein, ruhig natürlich auch, und dazu noch licht- und sonnendurchflutet. Doch die meisten Seen in Nähe der Straße haben keinen Zugang von der Straße zum Ufer, wir finden zwar einige schöne Übernachtungsplätze, die aber nur für eine Nacht taugen.
An einem dieser Plätze tauchen plötzlich alte Bekannte wieder auf: Der Vollmond scheint durchs Fenster, die Nacht ist dunkel bis auf das fahle Licht des sehr tief stehenden Vollmondes, noch später sind auch Sterne zu sehen. Nach fast acht Wochen, in denen es überhaupt nicht dunkel geworden ist, sind dies für uns erwähnenswerte „Naturphänomene“, so sehr haben wir uns an ewige Helligkeit und dauerndes Licht gewöhnt. Die Mondphasen, zu Hause immer im Kopf präsent, wollten wir schon im Internet nachsehen, um zu wissen wo er überhaupt stehen müsste. Nun sind die schwarzen Nächte wieder da und kündigen an, dass wir bald wieder in heimatlichen Gefilden sein werden. Doch auch weiter im Norden ist die Zeit der ewigen Helligkeit bald vorbei, denn auch dort gibt es sie nur während der Sommermonate. Die nordischen Sommer sind kurz. Für uns hat der richtige Sommer erst vor ein paar Wochen irgendwo in Finnland angefangen, jetzt kündigen die ersten Nebel, die abends aus den Flüssen aufsteigen, schon wieder das nahende Ende des kurzen skandinavischen Sommers an.
Den gesuchten Platz zum Chillen und Relaxen finden wir dann typischerweise wieder einmal morgens, etwa eine Stunde nachdem wir losgefahren sind. Diesmal liegt er zur Abwechslung an einem Fluss, dem Vesterdalälven, in der Nähe von Äppelbo. Der Platz ist ideal gelegen an einem Punkt wo die Nebenstraße eine Flussbiegung trifft, außerdem sonnig und hell. Der Fluss fließt träge, langsam genug um auch gegen die Strömung mit dem Kanu starten zu können. Das Kanu ist das ideale Verkehrsmittel, um die Sümpfe auf den gerade mal 5 Meter breiten Nebenflüssen zu erkunden, denn Fußwege gibt es dort kaum. Das lautlose Gleiten am Ufer entlang ist eine sehr entspannende Methode der Fortbewegung und eröffnet immer wieder Einblicke in Pflanzen- und Tierwelt, die man sonst nicht hat. Die letzte Woche unserer Reise hat begonnen, schon am 10.8. werden wir mit der Fähre wieder in Kiel ankommen und eine knappe Stunde später zu Hause sein. Die Vorfreude auf unser Zuhause steigt, gleichzeitig genießen wir um so mehr die letzten Tage in der nordischen Natur.