Bordbuch-Eintrag: Ankunft in Timmaspe 23.10.2012, Kilometerstand 17761,167. Reisetag. Ende der Reise. Wetter 13 Grad, bedeckt, Nebel und zeitweise Nieselregen.
Im Schlaf und über Nacht bringt uns die Fähre über die Ostsee nach Kiel. Pünktlich, exakt nach Fahrplan, um 12 Uhr, hat das Schiff angelegt und die Tore zum Fahrzeugdeck werden geöffnet. Der Gran Hermano steht als drittes Fahrzeug vor der Rampe, wir haben gerade einmal Zeit, die Rucksäcke wieder in den Wagen zu werfen, da ertönt schon die Trillerpfeife als Signal zum Herausfahren. Ich gebe noch ein Handzeichen “Moment, muss noch vorglühen”. Um 12:06 Uhr haben wir das Hafengelände bereits verlassen und sind… in Kiel! Das ist wirkt auf uns wie beamen, gestern noch in Litauen, jetzt 35 km von Zuhause entfernt. So von einer langen Reise zurückzukehren ist super-entspannt. Keine Marathon- Etappe am letzten Tag, weil man nach Hause will, sondern ausgeschlafen eine 35 Kilometer- Etappe. Die Bäume tragen noch Laub und beginnen gerade, sich zu verfärben. Wir werden den bunten Herbst dieses Jahr also noch ein drittes Mal erleben, hoffentlich zeigt sich dazu dann auch irgendwann noch einmal die Sonne, bevor sie bis März endgültig hinter dem norddeutschen Grau verschwindet.
Einen Zwischenstopp müssen wir noch einlegen. Der Kühlschrank zu Hause ist absolut leer, also müssen wir 3 km vor zu Hause in Nortorf noch einmal proviantieren. Wir holen Köstlichkeiten wie Schinken, Krabbensalat, “echten” Käse, “echtes” Brot, eben die Sachen, die es in den durchreisten Ländern nicht gab. Und zur Feier des Tages werden Wettschulden von unterwegs eingelöst, zwei Flaschen Schampus. Dann noch die letzten drei Kilometer nach Hause, und um 14 Uhr stehen wir auf dem Hof unseres Hauses.
Wir begrüßen die Katzen, machen einen Gartenrundgang und lassen alles auf uns wirken. Die Köstlichkeiten werden ausgepackt und genussvoll gegessen. Auch wenn wir nicht von einer Flugreise kommen, der Körper ist zu Hause, die Seele braucht ein bis zwei Tage länger, um anzukommen. Das Haus, dass wir leer stehen lassen haben, wirkt fast so als wenn wir nie weg gewesen wären, unser “Hausmeister” Ralf und unser Gärtner haben es gut in Schuss gehalten. Mit Absicht habe ich nie darüber geschrieben, um keine Einbrecher anzulocken. Eine Vermietung auf Zeit in dieser Gegend ist bei dem immensen Überangebot und der geringen Nachfrage fast unmöglich. Nun freuen wir uns, denn wir sind ja auch ein halbes Jahr zu früh zurückgekehrt. Auch steht alles noch an seinem Platz, wir müssen nur ein wenig lüften, um den Geruch eines unbewohnten Hauses zu vertreiben.
Am nächsten Tag beginnt dann langsam das normale Leben. Auch unser PKW ist noch da, wir hatten vor der Reise vorgehabt, ihn zu verkaufen, es uns dann aber am Ende noch anders überlegt. Nun steht er im Stall, wir brauchen ihn nur herauszuholen und anzumelden. Bei der ersten Fahrt wird mir fast schwindelig, diese tiefe Sitzposition bin ich nicht mehr gewohnt, die Beschleunigung und das zappelige Lenkrad auch nicht mehr. Das gibt sich aber nach den ersten 20 Kilometern. Schon bald, viel zu schnell eigentlich wird alles wieder so sein wie vor der Reise. Aber die Pläne, die wir an den Flüssen des Altai mit der Gedankenklarheit des freien und entspannten Reisenden gemacht haben wollen nun umgesetzt werden. Das wird mit Sicherheit nicht langweilig und dauert Monate bis Jahre.
Als “Überlebenden” haben wir noch eine Topfpflanze mitgebracht, die nach eigenem Bekunden bis nach Deutschland wollte. Es handelt sich um einen Strauß, Thai Basilikum, die uns eine lächelnde und bezaubernde junge Frau in Usbekistan in die Hand gedrückt hat. Sylvia hat den Strauß in Wasser gestellt, damit er länger hält, und er hat Wurzeln gebildet. Die 50 Grad im Auto in Samarkand hat der Strauß dann spielend überlebt und irgendwann Wurzeln gebildet. Sylvia hat ihn eingepflanzt, und zäh ist diese Pflanze dann im Auto mitgereist. Die kalten Nächte in Sibirien und die immer längere Dunkelheit, das Fehlen der Sonne, all das hat Spuren hinterlassen, doch ein paar Blätter hat sie noch. Wenn sie die langen dunklen Winternächte am Südfenster irgendwie überlebt, hat sie nächsten Sommer eine Chance auf ein schönes Leben und wir auf schöne frische Würze…