Bordbuch-Eintrag: Ankunft an der Grenze Russland – Kasachstan bei Rubzovsk 25.8.2012, Kilometerstand 11142, 108. Reisetag. Wetter 19 Grad, bewölkt mit Gewittern und Regenschauern.
Um es verständlich auszudrücken: Wir sind wieder in Russland. In sofern stimmt “Back in U.S.S.R.” nicht, denn das Gebiet der Ex- Sowjetunion hatten wir ja gar nicht verlassen. Aber es klingt einfach gut. “Wieder bei Rosie” ist das, was ein Übersetzungsprogramm daraus macht, wenn man auf Russisch den Satz “Wieder in Russland” eingibt und ins Deutsche übersetzen läßt. Also eine kleine Belehrung am Rande: Finger weg von solchen Programmen!
Hinter Öskemen hat sich “unser” Kasachstan langsam dematerialisiert: Aus der Steppe wurden Getreide- und Sonnenblumenfelder, Bäume standen einfach in der Landschaft herum, ohne dass dort ein Fluss oder ein See war. Die Straßen waren sogar von dichten Baumreihen gesäumt. Die letzte Nacht in Kasachstan haben wir bei 19 Grad und Gewitter in einem Birken- und Kiefernwald verbracht, das Foto ist von Aufnahmen aus Meck- Pomm nicht unterscheidbar. Ob es stimmt, wissen wir natürlich noch nicht, aber an diesem Abend habe ich gesagt: “Damit ist der exotische Teil unserer Reise vorbei”.
Kurz vor der Grenze mußten wir noch eine ziemlich widerliche Bullenkontrolle über uns ergehen lassen, mit Drogenhund und allen Schikanen. Ausgerechnet an diesem vorletzten Tag wurde zum ersten Mal eine Autoversicherung von mir verlangt. Nachdem ich nun schon einige Wochen ohne gefahren bin, wollte ich auch keine mehr abschließen. Ich habe mich also stur gestellt und meine grüne Versicherungskarte gezeigt, auch wenn diese in Kasachstan nicht gilt. Irgendwann durften wir dann weiterfahren, aber die extrem unfreundliche Art hat uns darin bestärkt, nun zügig zur Grenze zu fahren.
Den Grenzübertritt schaffen wir in der Rekordzeit von 28 Minuten. Es ist kaum etwas los und dank der Zollunion Kasachstan – Russland – Weissrussland muss für das Fahrzeug kein Papierkram erledigt werden, die Durchsuchung beschränkt sich auch auf einen Blick durch die Tür.
Dann sind wir in Sibirien! Zunächst freuen wir uns über die schöne neue Straße mit Abbiegerspuren und Leitplanken, eben und vollgastauglich. So etwas haben wir nun schon lange nicht mehr erlebt. Auch das Suchen nach einem Mülleimer dauert nicht mehr Stunden und Tage, an jedem Parkplatz steht einer. Die Landschaft ist hier nicht so, wie man sich Sibirien vorstellt. Wald gibt es vorerst kaum, dafür über hunderte Kilometer Sonnenblumen- und Getreidefelder bis zum Horizont.
Mit jedem Tag Richtung Norden wird das Wetter ebenfalls nordischer, es ist jetzt wie zu Hause: Keine 20 Grad mehr, dunkle Wolken treiben über den Himmel, Regenschauer den ganzen Tag. Zum ersten Mal seit Monaten bleiben während der Fahrt die Fenster zu, statt Sandalen tragen wir geschlossene Schuhe. Am nächsten Tag wühlen wir dann die ersten langärmeligen Shirts aus der Versenkung, sie waren seeehr weit unten.
Nun sind wir schon wieder ein paar hundert Kilometer weiter auf der M52 Richtung mongolische Grenze, wir “fliegen” förmlich in Richtung Altai Gebirge. Auch diese Straße ist in einem perfekten Zustand. In die Mongolei fahren wir zwar nicht, aber das Altai- Gebirge davor gehört zu den schönsten Gegenden ganz Russlands, wir wollen noch so viele Tage des ausklingenden Sommers wie möglich dort verbringen. Die Städte, die wir jetzt ohne Stopp durchqueren, können wir uns auf dem Rückweg noch ansehen, das geht im Herbst genauso gut. Bis Barnaul müssen wir dann den gleichen Weg auf der M52 zurückfahren, bevor wir von dort endgültig die Rückreise antreten.